Die Politik

Der Planfeststellungsbeschluss für die OW 1 wurde am 18. Dezember 2018 in der Ratssitzung in Kevelaer durch die Regierungspräsidentin Frau Rademacher übergeben.

(Siehe Link: https://rp-online.de/nrw/staedte/kevelaer/die-genehmigung-fuer-die-ow-1-ist-da_aid-35208717 )

Zeit, einige Fragen zu stellen, denn was genau gebaut werden soll, wissen immer noch die Wenigsten.

In der Rheinischen Post „rp-online“ war am 31. Mai zu lesen:

(Siehe Link: https://rp-online.de/nrw/staedte/kevelaer/45-hektar-sind-fuer-die-ow1-noetig_aid-139923#18277)

„Mancher im Saal musste erst einmal kurz schlucken, als die Vertreter der Behörden den gesamten Flächenbedarf bekannt gaben: Stolze 44,8 Hektar sind nötig, um die Straße zu realisieren. (…)

Geschätzte zehn Jahre soll es dauern bis zur Schlussfeststellung der Flurbereinigung. Die Trasse allerdings soll bis dahin längst fertig sein.

Das bedeutet, es wird mit dem Bau begonnen, bevor die Flurbereinigung (das ist die Entschädigung der Grundbesitzer und Klärung der Eigentumsverhältnisse) abgeschlossen ist.

Die Landschaft

45 Hektar Flächenbedarf –  NRW ist das Bundesland mit dem größten „Flächenverbrauch“ – was bedeutet das?

Die OW 1 durchquert die Binnenheide, sie durchschneidet dabei den auf EU Ebene geschützten Natura2000 – Biotopverbund entlang des FFH- Schutzgebietes der Issumer Fleuth, die Fleuthauen, das Naturschutzgebiet Fleuthbenden und die Niersauen. Die Fragmentierung und „Verinselung“ von Lebensräumen und Schutzgebieten ist anerkannte Ursache für das Artensterben.

Die Binnenheide ist das letzte zusammenhängende Naherholungsgebiet dieser Art von Kevelaer und wird sowohl von Erholungssuchenden vom Niederrhein als auch aus dem Ruhrgebiet oft besucht, zu Fuß und mit dem Rad. Sie ist ein attraktives, beworbenes touristisches Ziel und die „Landpartie am Niederrhein“ führt jährlich auch immer durch die Binnenheide. Während der Corona Pandemie wurde der Wert dieses Teils der Kevelaerer Landschaft vielen Kevelaerern bewusst.

Wir verlieren damit unwiederbringlich ein wunderschönes Stück Heimat mit dem ursprünglichen, niederrheinischen Charme einer einzigartigen Natur – und Kulturlandschaft.

–      Was wird für die uns nachfolgenden Generationen wichtiger sein: eine weitere Strasse oder die unversehrte Heimat mit den immer wertvoller werdenden landwirtschaftlichen Böden und der Natur, wie es sie in der Binnenheide noch gibt?

Die Konsequenzen für den Tourismus werden desaströs sein. Die Landschaft wird verschandelt und entwertet.

Die sogenannten Ausgleichsflächen können den Verlust dieser besonderen Landschaft unmöglich kompensieren: –       Es gehen bis zu 200 Jahre alte Eichen verloren, die als Wohnbäume u.a. für Fledermäuse dienen. –      Die Wander- und Flugstrecken etlicher unter Natur- und Artenschutz stehender Tiere werden unterbrochen. Um Kollisionen u.a. mit Fledermäusen zu vermeiden, soll eine Fledermaus – Kollisionsschutzwand errichtet, sowie eine hohe Hecke angepflanzt werden (diese müsste mindestens 4 Meter hoch sein).

Die Trasse

Wie wird die OW 1 aussehen?

Da ein Bodendenkmal – die sogenannte „Landwehr“ stammt aus dem Mittelalter und ist etwa 600 Jahre alt – sowie die oben genannten Naturschutz- und FaunaFloraHabitat- Gebiete mit den entsprechenden Feuchtwiesen und der Issumer Fleuth überquert werden müssen, wird die OW 1 streckenweise als sogenannter Hochbau auf einem aufgeschütteten Wall und mit mehreren Brückenkonstruktionen angelegt. Die landwirtschaftlichen Fahrzeuge bekommen neben der OW1 (teilweise auf beiden Seiten) eigene Wege mit Unterführungen in entsprechender Höhe und Wendehammern angelegt, dabei muss auch ein altes Wegekreuz mitsamt seiner alten Linde weichen, das von Pilgern gestiftet wurde und regelmäßig besucht wird. Update 9/2023: die Linde sowie weitere 8 Bäume wurden gefällt, das alte Pilger – Wegekreuz versetzt.

Das bedeutet, dass die OW1 – inklusive Fledermauskollisionsschutz – streckenweise bis etwa 10 Meter hoch (über die Landwehr) unsere Binnenheide durchschneidet (unsere Simulation ist leider keine Übertreibung).

Dies kann man auf den Plänen, die die Trasse immer nur von oben darstellen, nicht erkennen!

Die Menschen

Die „OWeh 1“ wird also weithin sicht- und hörbar sein und da sie sich im Außenbereich befindet, ist auch keinerlei Lärmschutz vorgesehen bis auf ein paar Meter direkt bei Kevelaer.

Die „OWeh 1“ wird also weithin sicht- und hörbar sein und da sie sich im Außenbereich befindet, ist auch keinerlei Lärmschutz vorgesehen bis auf ein paar Meter direkt bei Kevelaer.

Die OW 1 soll vorgeblich die ersehnte Verkehrsentlastung für die Ortsdurchfahrt Winnekendonk und die Rheinstrasse in Kevelaer sein. Die Anwohner dort leiden schon seit Jahrzehnten massiv unter der Verkehrslast. Es findet aber dann de facto eine Verschiebung der Belastungen durch den Verkehr statt, denn die Anwohner im Bereich der Binnenheide sind dann die neuen Betroffenen.

–      Warum wurde der Verkehr hier nicht schon längst durch geeignete Maßnahmen beruhigt und nach niederländischem Vorbild sichere Verhältnisse für die Fußgänger und Radfahrer geschaffen – es befindet sich immerhin eine Grundschule direkt an der Straße sowie Bushaltestellen, an denen Schulbusse halten und/oder viele Fußgänger und Radfahrer nutzen die Geschäfte?

–      Warum gibt es hier keine Tempodisplays und / oder eine Tempo 30 – Anordnung? Eine Novelle der STVO Anfang 2017 ermöglicht dies: Vor Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern oder Seniorenheimen kann so Tempo 30 ausgewiesen werden – auch auf überörtlichen Straßen und Vorfahrtsstraßen!

! Update 9/19: Eine Tempo 30 – Zone wurde vor Kurzem an der Grundschule in Winnekendonk eingerichtet, sie gilt allerdings nur bis 16.30 Uhr und endet kurz vor (!?) dem meist genutzten Fußgängerüberweg mit Bus und Schulbus – Haltestelle. Gerade hier, zwischen Lebensmittelgeschäft, Banken, Apotheke, Gastronomie, Blumenladen, Frisör und anderen Geschäften, queren die meisten Fußgänger und Radfahrer und es wäre ein riesiger Zugewinn an Lebensqualität und Sicherheit, wenn hier die LKW nicht mit Tempo 50 durchbrettern – wie leider oft zu beobachten ist!

–      Wir fordern konsequente Temporeduktion sowie die Fußgänger- und Radfahrer freundliche Umgestaltung von Kevelaer und den Ortschaften, um die Zukunft der Mobilität zu gestalten! Hierzu gibt es Angebote für die Kommune, die dem Zukunftsnetz Mobilität beitreten und davon profitieren kann.

Der Verkehr

Man muss kein Verkehrsexperte sein, um zu realisieren, dass der Verkehrsfluss heutzutage von „intelligenten“ Navigationssystemen geleitet wird.

Das bedeutet: Die Fahrzeuge fahren da, wo sie am schnellsten weiter kommen. Dauert es zu lang, eine bestimmte Strecke zu fahren, wird das von den Geräten erkannt und eine alternative, schnellere Strecke gewählt.

Eine Fußgänger- und Radfahrer- freundliche Regulierung des Verkehrs hätte also eine Reduzierung der Belastung durch LKW zur Folge.

Zur OW 1 gibt es angeblich keine Alternativen. Wirklich?

–      Eine früher (im Jahre 1972) geplante Strecke sollte ursprünglich nordwestlich um Winnekendonk herumführen, sie wurde verworfen. Es gibt Bürger, die damals dabei waren und sich noch genau an die Diskussion darum erinnern können und wissen, wer hier seinen weit reichenden Einfluss auf den Streckenverlauf bis heute durchsetzen konnte.

–      Warum fällt vielen Autofahrern auf, dass die oft ungünstige Ampelschaltung Kreuzung Rheinstrasse/ B9 bei Kevelaer die Staubildung Richtung Winnekendonk noch verschärft? Es gibt mittlerweile intelligente Ampelsysteme, die den aktuellen Verkehrsfluss messen und auch sehr erfolgreich zur Verkehrsregelung an schwierigen Kreuzungen eingesetzt werden.

Eine naheliegende, zeitnah umsetzbare, die betroffenen Anwohner direkt entlastende Lösung der Verkehrssituation wäre:

– Ausweitung der Tempo – 30 – Anordnung für die gesamte Ortsdurchfahrt Winnekendonk

– gleichzeitig Bau eines Kreisverkehrs im Kreuzungsbereich Kervenheimer Straße / B9 (diese Querspange kann enorm viel Verkehr aufnehmen, wie das Parookaville Festival jährlich beweist)

All dies kostet nur einen Bruchteil dessen, was die OW 1 uns kosten würde und hätte schon längst umgesetzt werden können. Die OW 1 ist nicht die einzige Lösung, auch wenn wir das glauben sollen.

–      Kann es sein, dass es bei der Planung der OW 1 nicht in erster Linie um die Verkehrs- und Lärmentlastung der Anwohner geht?

–      Wurde wirklich alles getan, was zur Entlastung der betroffenen Menschen bisher möglich war?

–      Könnte es sein, dass ein gewisser Druck auf die Betroffenen nicht ungelegen kommt, um den Bau der OW 1 begründen und durchsetzen zu können?

–      Wird die OW 1 den Verkehr wirklich reduzieren?

Mit der OW 1 entsteht eine mautfreie Trasse für den LKW – Verkehr. Auch hier braucht man kein Verkehrsexperte sein: die Strecke wird zu einem attraktiven, weil mautfreien Autobahnzubringer vor allem für LKW aus den Niederlanden. Dass sich dadurch das Verkehrsaufkommen enorm steigern wird, ist auch den gar nicht direkt betroffenen Wembern bereits aufgefallen! In der Rheinischen Post vom 04.12.2018 /D1 steht: „Wember fürchten Verkehr von OW 1“. Sie fordern ein Verkehrskonzept zur Bewältigung des durch den Bau der OW 1 zunehmenden Verkehrs und wollen nicht warten, bis die Autos da sind.

Die OW 1 ist also nur scheinbar die Lösung der Verkehrsproblematik, tatsächlich werden die Belastungen nur verschoben und sie schafft auch noch zusätzliche Verkehrsbelastungen in Form von mehr LKW, Lärm, Luftverschmutzung und Zerstörung von wertvoller Heimat und Natur und damit unseren letzten verbliebenen Erholungsgebieten.

Folge dem Geld

–      Was ist dann der eigentliche Grund für den Streckenverlauf, wie er jetzt gebaut werden soll?

–      Oder anders gefragt: Geht es hier um jede Menge Kies – im direkten und im übertragenen Sinne?

Aus dieser Chronik über die OW 1 von den Autoren Martin Willing und Delia Evers stammt folgender, denkwürdiger Absatz:

„2007
• Der Stadtrat verabschiedet zum Ausbau der Südumgehung OW 1 auf Antrag der CDU eine weitere Resolution. Hierbei betont er die Bedeutung der Straße für Winnekendonk und für die Anbindung des Airports Weeze

• Die Wettener Bevölkerung protestiert gegen die geplante Abgrabung…“  (Anmerkung: hier ist die Auskiesung gemeint) „…nördlich der Ortschaft, aber der Stadtrat billigt das Kiesprojekt, um den Bau der OW 1 nicht zu gefährden. „Wir wollen nichts tun, das dem OW 1-Ausbau entgegensteht“, begründet CDU-Fraktionsvorsitzende Hansgerd Kronenberg das Stimmverhalten der CDU. Aus den gleichen Gründen stimmen auch KBV, SPD und FDP zu, während die Grünen ablehnen. Allgemein wird zwischen Auskiesung und OW 1 ein „Junktim“ beklagt: Die Stadt sei bei der OW 1-Planung auf das Wohlwollen des Grundbesitzers (Familie von Loe, Schloss Wissen) angewiesen.“ Hierzu ein äußerst aufschlussreicher Artikel der NRZ aus dem Jahr 2007 „Hoffnung auf ein Leben ohne Kies“.

– Gewerbegebiet Ost soll angeschlossen werden:

Die Bürgerinitiative „Rettet die Binnenheide“ ist der Meinung, dass das Gewerbegebiet Ost niemals an dieser für die Natur so sensiblen Stelle hätte entwickelt werden dürfen. Planungsrechtlich fragwürdig ist zudem, warum ein Gewerbegebiet erschlossen wird, bevor die verkehrliche Anbindung dafür vorab befriedigend gelöst ist. Auch der NABU prangert den ungehemmten Flächenverbrauch der Stadt Kevelaer an.

Liste weiterer, möglicher Folgen der OW1 :

–          OW1 wird Hauptzubringer aus Süden für Airport Weeze – was wird aus Wemb, wenn dadurch der Flughafen-Verkehr in Zukunft durch den Ort fließt?

–          OW1 wird als mautfreie Transit-Trasse besonders Lastkraftverkehr anziehen  (OW1 ist als Landesstraße im Gegensatz zu Bundesstraßen mautfrei)

–          Airport Weeze ist als ehemalier Militärflughafen auch als Frachtflughafen geeignet

–          Möglichkeit einer späteren Auskiesung bei Wetten/ Wettener Busch (s. Seite Abgrabung – Kies)

–          die OW1 bringt nicht die Entlastung, die den Bürgern versprochen wurde

Die Kosten

–      Was kostet uns eigentlich die „OWeh 1“?

Die Kosten der Trasse, geschätzt in 2018: über 40 Millionen Euro.  Das ist eine alte Zahl – die aktuellen Kosten werden Bürgern grundsätzlich nicht mitgeteilt. Der Baupreisindex ist entscheidend, und der ist seit 2020 nahezu explodiert!

Wir lassen uns die Zerstörung unserer Heimat ganz schön was kosten.

Mit dem Planfeststellungsbeschluss kommen aktualisierte Pläne, die dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. – Siehe: „Aktuelle Mitteilungen“ und „Aktuelle Pläne“ im Menü oben!

Bislang musste man, um hier Einsicht zu erhalten, einen Termin bei Straßen NRW in Wesel machen. Fotografieren und kopieren verboten, weil die neuen Pläne noch nicht veröffentlicht waren.